Wie ich eine Hausarbeit schreibe

Im letzten Eintrag hatte ich Euch ja schon vorgewarnt, der Teil über das Schreiben einer Hausarbeit wird was länger.

Und hier *Trommelwirbel* ist er, der Teil über das Schreiben.

Kurze Vorbemerkung: diese Erfahrungen habe ich allesamt im Fach Germanistik gemacht, ob meine Arbeitsweise sich auch auf andere Fächer übertragen lässt: probiert es aus.

Also dann:

Schritt 1: Themenfindung, vorläufiger Schwerpunkt und Gliederung:

Steht eine schriftliche Hausarbeit an, dann lese ich mich erst einmal durch ein paar Texte, bevor ich einen (vorläufigen) Schwerpunkt und eine (vorläufige) Gliederung erstelle. Handschriftlich, versteht sich.

Beispiel:

Thema ist ganz grob gefasst „Erzählungen von Gottfried Keller“: Ich schnappe mir ein paar Erzählungen, lese sie und entscheide mich für „Romeo und Julia auf dem Dorfe“. Da die beiden sterben (wer hätte das gedacht) und ich mich für Tod/Sterben interessiere, wähle ich „Symbole des Todes“ als Thema.

Gliederung:

1. Pflanzen

2. Personen

2.1 Romeo

2.2 Julia

2.3 Verwandte

2.4 Der schwarze Geiger

Schritt 2: Sammeln

Dann beschrifte ich lose Blätter (A4) mit der jeweiligen (Unter-)Kapitelüberschrift. Zusätzlich gibt es weiteres Blatt für „Interessantes“ und ein Blatt für die Literaturangabe.

Beim Lesen der Fachliteratur schreibe ich dann das, was mir interessant erscheint auf das Blatt mit der passenden Überschrift. Passt es da nicht hin, ist aber trotzdem so interessant, dass ich es unbedingt behalten will, schreibe ich es auf das Blatt „Interessantes“. Jeweils versehen mit dem Kürzel der Quelle (die komplett auf dem Blatt für die Literaturangaben steht), und der Seite. Gibt es einen Seitenwechsel, markiere ich den im Text mit //, falls ich später nur einen Teil des Zitats verwenden möchte.

Hier passiert wieder meine Schreib-Magie: ich versetze mich in den Gedankengang des Verfassers hinein. Deswegen lohnt es sich für mich auch, längere Passagen abzuschreiben.

Mir ist bewusst, dass die meisten Ratgeber der Meinung sind, es handele sich beim Abschreiben um eine rein passive, gedankenarme Tätigkeit, die nicht zielführend sei. Es wird stattdessen empfohlen, den Text direkt mit eigenen Worten aufzuschreiben.

Ich schreibe die Texte trotzdem ab, einerseits wegen der „Magie“ andererseits hat es auch den Vorteil, eine spätere Zusammenfassung mit einem Zitat belegen zu können.

Schritt 3: den tatsächlichen Schwerpunkt festlegen

Da hat man sich mit viel Mühe einen Schwerpunkt rausgesucht und reichlich Forschungsarbeit darauf verwendet und dann passiert es: der Schwerpunkt der Arbeit verändert sich.

Zähneknirschend muss man sich eingestehen, dass die ursprüngliche Gliederung es nicht trifft, dass man das alles nie und nimmer auf die auf die vorgesehene Anzahl der Seiten gequetscht kriegt, dass man nicht alles machen kann.

Zeit also, den neuen Schwerpunkt zu akzeptieren und sich von der alten Gliederung zu lösen.

Es gibt also neue Blätter und ich sitze dann mit Schere und Kleber bewaffnet da, um die bisher gesammelten Zitate neu zu gruppieren (deswegen ist das Blatt „Interessantes“ auch sinnvoll, der neue Schwerpunkt bezieht meist Teile dieses Blattes ein).

Nach diesem einen „Umwerfen“ ist das Blatt „Interessantes“ Geschichte, es wird nur noch aufgenommen, was zu den Überschriften passt. Einmal Umwerfen sollte reichen.

Beispiel:

Bei der Sammlung zu den Todessymbolen wird meine Zitatensammlung beim schwarzen Geiger immer dicker, in einem Text wurde behauptet, diese Figur sei Dionysus, delphischer Apoll und nochirgendwas. Beleglos. Das hatte ich so akzeptiert, suchte allerdings noch nach Belegen, fing also an, mich mit Mythologie auseinanderzusetzen. Was ich jedoch fand, belegte die Aussage nur teilweise, in großen Teilen konnte ich widersprechen (mit Belegen) oder verfeinern. Dieser eine Satz wurde damit zu einer Art Kernstück meiner neuen Struktur.

Schwerpunkt: Omen des Bösen. Der schwarze Geiger bei Romeo und Julia auf dem Dorfe.

Gliederung:

1. Apollon

2. Dionysus

3. WasAuchImmer

Schritt 4: Zum Ende kommen

Auch das gehört zum Schreiben einer Arbeit: irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem der Forscherdrang ruhen und die Arbeit geschrieben werden muss. Bei mir nimmt das Schreiben selbst das letzte Viertel der insgesamt zur Verfügung stehenden Zeit ein. Habe ich also 8 Wochen Zeit, sind 6 Wochen für die Recherche gedacht, die letzten 2 Wochen für Schreiben und Korrekturlesen.

Das bedeutet auch, die Lücken in der Recherche hinzunehmen und sich zu ihnen zu bekennen.

Außerdem bedeutet es, dass jetzt nichts mehr umgeworfen werden darf. Zwar kann sich die Reihenfolge der Kapitel noch ändern, der Inhalt sollte aber stehen.

Schritt 5: Schreiben

Das geschieht bei mir wie im Rausch: ich nehme (unter-)kapitelweise meine Aufzeichnungen und bringe die dort enthaltenen Gedanken in eine sinnvolle Reihenfolge (notfalls wieder mit Schere und Papier) und dann schreibe ich.